Das Zahlungskontengesetz: Girokontowechsel leichtgemacht

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Das Zahlungskontengesetz hat die Abläufe beim Girokontowechsel erheblich vereinfacht. Als Kunde müssen Sie im Prinzip nur noch ein Formular ausfüllen und die Bank schriftlich zur Kontowechselhilfe ermächtigen.

Um die Wirtschaft vor allem in den südlichen Ländern Europas anzukurbeln, hält die Europäische Zentralbank den Leitzins bei null Prozent. Was für die Unternehmen vorteilhaft ist, weil sie besonders günstig an Darlehen kommen, wird für die Banken zunehmend zum Problem. Vor allem für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die kein großes Investmentbanking betreiben, sondern ihr Geld überwiegend mit dem Kleinanleger verdienen. Entscheidend für den Gewinn dieser Banken ist der Zinsüberschuss: Geld wird damit verdient, dass sie von Schuldnern höhere Zinsen nehmen, als sie Sparern zahlen müssen. Dieser Zinsüberschuss schmilzt nun allerdings dahin. Denn während Kredite immer billiger werden, ist der Spielraum für weiter sinkende Sparzinsen ausgereizt.

Um der Zinsfalle zu entgehen, drehen die Banken vermehrt an der Gebührenschraube. Strafzinsen auf Guthaben von Großkunden oder Extra-Gebühren für Papier-Überweisungen: Angesichts der Mini-Zinsen im Euroraum werden Kreditinstitute immer kreativer, um mit ihren Kunden Geld zu verdienen. Kostenlose Girokonten werden so immer mehr zu einem Auslaufmodell. Hatten Banken und einige Sparkassen das Gratiskonto lange gezielt zur Kundenneugewinnung eingesetzt, zwingen Kostendruck, teure Filialen und die anhaltenden Niedrigzinsen die Institute zum Umdenken.

Doch anstatt sich günstigere Banken zu suchen, bleiben viele Kunden ihrer Bank weiterhin treu. Sie fürchten die mit einem Wechsel verbundenen Umstände und verbleiben beim alten Konto, auch wenn sie damit unzufrieden sind.

Wollen Sie Ihrer Bank treu bleiben, aber mit dem Kontomodell oder der Einführung neuer Gebühren nicht einverstanden sind, sollten Sie mit Ihrer Bank über die Kosten verhandeln. Bleibt die Bank stur, können Sie immer noch wechseln.

Kontowechsel seit 2016 deutlich einfacher

Seit Juni 2016 erhalten wechselwillige Bankkunden Unterstützung beim Wechsel eines Girokontos. Und zwar nicht nur wie bisher durch die neue Bank. Denn nun müssen die auf beiden Seiten beteiligten Banken – also sowohl die alte als auch die künftige – den Wechsel auf Wunsch in maximal zwölf Geschäftstagen für den Kunden organisiert und abgeschlossen haben. So verlangt es das Zahlungskontengesetz.

Mit diesem Gesetz werden die Abläufe erheblich vereinfacht. Als Kunde müssen Sie im Prinzip nur noch ein Formular ausfüllen und die Bank schriftlich zur Kontowechselhilfe ermächtigen. Die Banken tauschen dann in einem automatisierten Verfahren Informationen über alle regelmäßigen Buchungen wie Daueraufträge oder Einzugsermächtigungen aus, stellen die Vorgänge auf das neue Konto um und informieren alle Beteiligten über die neue Bankverbindung (z.B. Energieversorger, Arbeitgeber, Versicherung). Das Verfahren findet nach einem genau festgelegten Zeitplan statt. Die Banken kümmern sich um alles und haften, wenn etwas nicht klappt. Sie dürfen sich diesen »Umzugsservice« aber bezahlen lassen.

Viele Banken und Sparkassen haben bereits in der Vergangenheit einen automatischen Kontowechselservice freiwillig angeboten. Durch das Zahlungskontengesetz wird er nun zum gesetzlichen Standard. Als privater Verbraucher haben Sie einen Rechtsanspruch auf diesen Service, sofern Sie eine entsprechende Ermächtigung zur Kontowechselhilfe erteilen.

Welche Kontoart fällt unter die gesetzliche Regelung?

Von der gesetzlichen Serviceverpflichtung der Banken profitieren Sie, wenn Sie ein Girokonto wechseln wollen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie es bei einer Filialbank oder als reines Online-Konto führen.

Welche Institute werden durch das Gesetz verpflichtet?

Alle Institute, die auf dem Markt sogenannte Zahlungskonten für Verbraucher anbieten (z.B. Girokonten), müssen beim Wechsel helfen (z.B. Sparkassen, Volksbanken, Geschäftsbanken, Online-Bankinstitute). Beide beteiligten Banken müssen in Deutschland ansässig sein. Die Konten müssen in derselben Währung geführt werden.

Grundsätzlich nicht vom neuen Zahlungskontengesetz erfasst sind Kreditkarten und Kontoverlagerungen ins Ausland. Kommt ein Wechsel zu einer Bank in einem anderen Mitgliedstaat der EU in Betracht, erkundigen Sie sich bei den betreffenden Instituten nach möglichen Kontowechselhilfen oder wenden Sie sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Sie können den Wechsel auch weiterhin selbst in die Hand nehmen

Das Zahlungskontengesetz bringt Erleichterung und ersetzt den bisherigen aufwendigen Papierkram, der bei einem Girokontowechsel anfällt. Doch als Kunde sind Sie nicht verpflichtet, die Kontowechselhilfe zu nutzen. Sie dürfen auch weiterhin den Umzug selbst organisieren – beispielsweise, wenn Ihnen das Wechselangebot zu teuer erscheint.

Wollen Sie den Kontoumzug selbst abwickeln, erkundigen Sie sich gleichwohl bei Ihrer Bank, ob diese ihre Kunden mit einem freiwilligen Service unterstützt, der neben der gesetzlich vorgeschriebenen Variante angeboten wird (z.B. werden Musterformulare zur Verfügung gestellt).

Zur Vorbereitung des Kontowechsels müssen Sie sich zunächst einen Überblick über alle regelmäßigen Zahlungseingänge und -ausgänge verschaffen. Fertigen Sie dazu am besten mithilfe der Kontoauszüge des letzten Jahres eine Liste an (z.B. Überblick über alle Daueraufträge und Einzugsermächtigungen).

Informieren Sie dann alle Beteiligten über die neue Kontoverbindung (z.B. Versicherungen, Energieversorger, Telekommunikationsanbieter, Stadtwerke). Denken Sie daran, Ihren Arbeitgeber und alle Stellen, von denen Sie selbst Überweisungen erhalten, rechtzeitig über die neue Bankverbindung zu informieren.

Viele Banken bieten auf ihren Internetseiten eigene Checklisten an, um es Ihnen zu erleichtern, alle relevanten Stellen zu informieren. Diese kleine Gedächtnisstütze eignet sich besonders dann, wenn Sie gerne selbst die Kontrolle über den Kontowechsel behalten möchten.

Abschließend müssen Sie Ihr altes Girokonto kündigen und beim neuen Ihre Daueraufträge neu anlegen.

Bis alle Formalitäten reibungslos abgewickelt sind, sollten Sie das neue und Ihr altes Konto für einen gewissen Zeitraum – ca. vier Monate – parallel führen.

Das sollten Sie sich vor dem Kontowechsel vorab überlegen

Sind Sie wechselwillig und wollen mit Ihrem Girokonto zu einer anderen Bank, sollten Sie dabei aber nicht nur die monatlichen Kontoführungsgebühren im Auge haben, sondern auch eine Vielzahl anderer Kostenfaktoren und Rahmenbedingungen prüfen (z.B. legen Sie Wert auf einen Vor-Ort-Service einer Filiale).

Sofern Sie leicht an Bargeld kommen wollen, sollten Sie ein Institut wählen, das über ein großes Netz an Bankautomaten verfügt (z.B. Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken) oder das mit Konkurrenten kooperiert (z.B. CashPool-Partnerbanken), sodass Sie ebenfalls kostenlos Geld abheben können. Klären Sie im Vorfeld auch, ob das Geldabheben im Ausland möglich ist und was es kostet. Bedenken Sie, dass auch ein gebührenfreies Konto Kosten verursachen kann (z.B. verlangen manche Banken Jahresgebühren für die Giro- oder die Kreditkarte), und erkundigen Sie sich nach den Dispozinsen.

Informationen und Tipps zur Auswahl eines neuen Girokontos finden Sie unter anderem bei den Verbraucherzentralen ( verbraucherzentrale.de ) oder bei Vergleichsportalen (z.B. verivox.de oder banktip.de ).

Haben Sie sich für ein anderes Kreditinstitut entschieden, erkundigen Sie sich bei Bedarf noch vor dem Umzug Ihres Kontos und der Umstellung von Daueraufträgen und Lastschriften bei der neuen Bank, ob Sie Ihren bisherigen Dispokredit in der gleichen Höhe behalten können.

Ist Ihr derzeitiges Girokonto im Minus und wollen Sie wechseln, sollten Sie für ausreichende Deckung sorgen, damit der Wechsel reibungslos klappt.

So starten Sie den Kontowechsel

Wollen Sie den Kontowechselservice nach dem Zahlungskontengesetz in Anspruch nehmen, müssen Sie bei der neuen Bank ein Konto eröffnen und ihr eine schriftliche Ermächtigung zum Kontowechsel überlassen. In Ihrer Ermächtigung legen Sie fest, welche Leistungen die Zahlungsdienstleister in dem vorgegebenen Rahmen erbringen (z.B. Daueraufträge einrichten, Lastschriften akzeptieren, Konto kündigen).

Die Banken bieten dazu entsprechende Formulare an. Sie erhalten es in Papierform zugeschickt oder können es von der Internetseite der Bank herunterladen und ausdrucken. Das Formular müssen Sie unterschrieben bei Ihrer neuen Bank einreichen. Die Benutzung des Formulars ist dabei nicht verpflichtend. Es vereinfacht aber das Verfahren und stellt sicher, dass Sie alle Punkte bedenken.

Etliche Banken bieten einen digitalisierten Kontowechselservice an: Sie können dabei alle erforderlichen Schritte online von zu Hause oder über Ihr Smartphone vornehmen. Klären Sie jedoch vorab, ob das Verfahren über das gesicherte System des Online-Bankings möglich ist – also mit PIN- und TAN-Legitimation.

So läuft das Verfahren weiter

Die neue Bank muss innerhalb von zwei Geschäftstagen das bisherige Kreditinstitut auffordern, die in der Ermächtigung benannten Leistungen zu erfüllen:

- Anfertigen einer Liste der bestehenden Daueraufträge und der vorhandenen Informationen zu erteilten Lastschriftmandaten;

- Anfertigen einer Liste der verfügbaren Informationen über eingehende Überweisungen und Lastschriften aus den vergangenen 13 Monaten.

Innerhalb von fünf Geschäftstagen müssen diese Listen und Informationen an die neue Bank und an Sie als Kontoinhaber übermittelt werden. Das Verfahren des Datenaustausches wird individuell unter den beteiligten Banken geregelt. Hier macht das Gesetz keine Vorgaben. In der Regel werden sie elektronisch übermittelt.

Die neue Bank informiert die alte Bank darüber hinaus über die von Ihnen als Kunden festgelegten Termine, zu denen Zahlungen nicht mehr über das bestehende Konto abgewickelt werden sollen (z.B. sind Daueraufträge oder Lastschriften nicht mehr auszuführen, eingehende Überweisungen nicht mehr zu akzeptieren). Schließlich ist der Restsaldo auf das neue Konto zu überweisen und das bisherige Konto zum von Ihnen gewünschten Datum zu schließen.

Nach Eingang dieser Liste muss das neue Kreditinstitut binnen fünf Geschäftstagen alle von Ihnen gewünschten Leistungen (z.B. Daueraufträge, Lastschriften) einrichten und die Zahlungspartner über den Bankwechsel informieren.

Was kostet der Kontowechsel?

Gebühren für den Kontowechselservice dürfen dem Kunden nur in Rechnung gestellt werden, wenn dies vorab vereinbart wurde. Die Höhe des Entgeltes dürfen die Kreditinstitute festlegen. Das Gesetz gibt nur vor, dass die Gebühren »angemessen« sein müssen und sich an den tatsächlichen Kosten für die Dienstleistung zu orientieren haben.

Sollte Ihnen die Gebührenpraxis überteuert vorkommen, können Sie sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wenden. In der Praxis bieten aber etliche Institute den Service als Mittel der Kundenbindung auch kostenlos an. Hier lohnt ein Vergleich.

Wichtig: Ihr Zugang zu persönlichen Daten zu Daueraufträgen und Lastschriften und die Listen und Informationen zu Daueraufträgen, Lastschriftmandaten und eingehenden Überweisungen haben gebührenfrei zu erfolgen. Auch die Schließung Ihres alten Girokontos darf nichts kosten.

Wer haftet, wenn der Umzug nicht fehlerlos oder fristgerecht abgewickelt wurde?

In diesem Fall sind die alte und die neue Bank zum Schadensersatz verpflichtet. Entsteht Ihnen als Bankkunden durch die Fehler oder Verzögerung ein Schaden, können Sie Schadensersatz geltend machen (z.B. Verzugszinsen bei verspäteter Ausführung von Daueraufträgen oder Kosten einer Lastschriftrückgabe).

Was tun, wenn eine Bank den Wechselservice verweigert?

Sie können sich in diesem Fall an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wenden. Diese prüft die Pflichtverstöße und kann ein Bußgeld gegen die Banken verhängen.

Die BaFin bietet Verbrauchern neben der Beschwerde die Möglichkeit, sich an ihre Schlichtungsstelle zu wenden. Diese befasst sich mit Streitigkeiten von Verbrauchern mit Kreditinstituten und Finanzdienstleistern, sofern keine private, anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist. Nähere Informationen dazu finden Sie unter bafin.de .

Als Kunde können Sie sich auch an den Ombudsmann der jeweiligen Bank oder an die Verbraucherzentralen wenden.

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