Anerkennung von Verlusten aus Knock-out-Zertifikaten

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Verluste aus »Open-End-Knock-Out«-Produkten konnten in der Steuererklärung 2008 als negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und nach der Einführung der Abgeltungsteuer (hier also in den Streitjahren 2009 bis 2011) als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG 2009 zu berücksichtigt werden. Das hat der BFH entschieden.

Die Richter erklärten, bei sog. Wave XXL Papieren, die das Recht des Inhabers verbriefen, während der – allein durch eine Stopp-Loss-Schwelle begrenzten – Laufzeit vom Emittenten einen Barausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem aktuellen Wert des Basiswerts, vermindert um ein Bezugsverhältnis zu verlangen, handelt es sich um Optionsscheine i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG 2008.

Hat der Inhaber des Optionsscheins das Recht, auch bei Durchbrechung der Stopp-Loss-Schwelle eine Abrechnung und einen Differenzausgleich zu verlangen, wird der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 beendet.

Nach der Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 werden Verluste aus Knock-out-Zertifikaten als negative Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 EStG berücksichtigt (BFH-Urteil vom 16.6.2020, Az. VIII R 1/17).

Darum ging es im entschiedenen Fall konkret:

Der Kläger hatte in den Streitjahren 2008 bis 2011 sog. Wave XXL Papiere der Deutschen Bank sowie vergleichbare Papiere der Commerzbank und der Dresdner Bank erworben. Es handelte sich dabei um sog. »Open-End-Knock-Out«-Produkte, die an Indizes oder einen bestimmten Aktienkurs gekoppelt waren. Der Preis eines Wertpapiers bestimmte sich nach der Differenz zwischen einem vereinbarten Basispreis und dem Wert des Bezugsindex bzw. der Bezugsaktie (Basiswert) bei Erwerb des Produkts, vermindert um ein bestimmtes Bezugsverhältnis, so dass der Anleger nur einen Bruchteil der Differenz (regelmäßig 1/100) bezahlen musste. In gleicher Weise berechnete sich der Abrechnungsbetrag bei Ausübung des Wertpapiers.

Die Wertpapiere waren mit einer sog. Stopp-Loss-Schwelle (Knock-Out-Barriere) versehen, die dem Basispreis vorgelagert war. Bei Berühren oder Durchbrechen der Stopp-Loss-Schwelle endete die Laufzeit des Produkts. Der Restwert wurde abgerechnet und an den Anleger ausbezahlt. Er entsprach der Differenz aus dem Auflösungskurs und dem Basispreis und belief sich auf mindestens 0,001 Euro je Wertpapier.

Der Kläger erzielte aus den Papieren in den Streitjahren Verluste in Höhe von 55.136 Euro (2008), 299.074,89 Euro (2009), 102.941 Euro (2010) und 161.849,19 Euro (2011), die auf das Erreichen der Knock-Out-Barriere zurückzuführen waren. Sämtliche Wertpapiergeschäfte wurden ab dem Streitjahr 2009 über ein Wertpapierdepot einer Schweizer Bank abgewickelt.

In seinen Steuererklärungen machte er diese Verluste bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (2008) bzw. bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (2009 bis 2011) geltend.

Das Finanzamt lehnte die steuerliche Berücksichtigung der Verluste bei der Einkommensteuerfestsetzung ab.

Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg, Finanzgericht und BFH jedoch gaben dem Kläger Recht:

Das Finanzgericht habe zu Recht entschieden, dass die von dem Kläger erzielten Verluste aus den »Open-End-Knock-Out«-Produkten im Streitjahr 2008 als negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 und in den Streitjahren 2009 bis 2011 als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG 2009 zu berücksichtigen seine, erklärten die obersten Finanzrichter der Republik.

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(MB)

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