Staat hilft Geringverdienern bei Altersvorsorge

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Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen haben Anspruch auf Altersvorsorge vom Amt: beispielsweise auf zusätzliches Geld für Riester- und Betriebsrente sowie auf Einsparungen bei Steuern und Sozialabgaben.

Knapp eine Million Beschäftigte erhält derzeit zusätzlich zu ihrem zu geringen Arbeitseinkommen aufstockendes Arbeitslosengeld II. Geringverdiener mit Kindern erhalten stattdessen häufig den Kinderzuschlag, den die Familienkassen der Arbeitsagenturen auszahlen. Wichtig zu wissen: Die Betroffenen haben durchweg in gewissem Rahmen Anspruch auf Altersvorsorge auf Amtskosten.

Wie Jobcenter und Familienkasse bei der Altersvorsorge helfen können

Viele Arbeitnehmer mit geringem Einkommen erhalten zusätzlich Arbeitslosengeld II oder den Kinderzuschlag. Klar ist: Für die spätere Rente sieht es dann mau aus. Doch wer Bescheid weiß, kann mit Unterstützung der Ämter seine Rentenansprüche aufbessern.

Riestern ohne Amtshilfe: Mit fünf Euro ist man dabei

Für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen – darunter viele Alleinerziehende – lohnt sich das Sparen auf einem Riester-Vertrag schon allein wegen der staatlichen Zulagen. Für eine Mutter mit zwei Kindern sind dies immerhin bis zu 775,– € im Jahr (falls die Kinder ab 2008 geboren wurden). Um diese Förderung zu erhalten, reicht für Betroffene meist bereits ein monatlicher Sparbetrag von 5,– €.

Muster-Rechnung: So wird der Sparbetrag ermittelt

Der Mindestsparbetrag für Riester-Verträge liegt bei 4 % der sozialversicherungspflichtigen Einkünfte des Vorjahrs.

Beispiel:

Helma S., alleinerziehende Mutter mit einem Kind, hat einen kleinen Teilzeitjob in einem Fitnessstudio, in dem sie 2018 insgesamt 12.000,– € brutto verdient hat. 4 % hiervon sind 480,– €. Diesen Betrag muss sie 2019 auf ihrem Riester-Vertrag ansparen, um die volle staatliche Förderung zu erhalten. Doch die so errechnete Summe muss sie nicht voll selbst aufbringen. Denn die staatlichen Zulagen werden auf diesen Betrag angerechnet. Die staatlichen Zulagen betragen in ihrem Fall 475,– €. Somit würde ihr jährlicher Eigenbeitrag nur (480,– € ./. 475,– € =) 5,– € betragen. Immer wenn sich bei der skizzierten Rechnung – wie in diesem Beispielfall – ein Sparbetrag von unter 60,– € pro Jahr ergibt, gilt der Mindesteigenbetrag: Dieser liegt bei 60,– € im Jahr, also 5,– € pro Monat. So viel muss sie also einzahlen.

Riestern mit Amtshilfe: Auch die 5,– € zahlt das Amt

Für Niedrigverdiener, die zusätzlich zu ihren Arbeitseinkünften Leistungen vom Jobcenter (Arbeitslosengeld II) oder von der Familienkasse (Kinderzuschlag) erhalten, lohnt sich das »Riestern« besonders. Indirekt übernimmt der Staat nämlich häufig für sie auch noch den geringen Eigenbeitrag zum Riester-Vertrag. Denn sie können diesen von ihrem anrechenbaren Einkommen absetzen. In den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 11–11b SGB II heißt es: "Die für die staatliche Altersvorsorge (Riester-Renten) aufgewendeten Beträge können abgesetzt werden".

Das gilt für Arbeitslosengeld-II-Bezieher, die die Hartz-IV-Leistung zusätzlich zu einem (niedrigen) Arbeitseinkommen oder auch zu Krankengeld, Arbeitslosengeld I, Unterhaltszahlungen oder anderen Einkünften erhalten.

Grundsätzlich gilt für die Betroffenen: Was sie verdienen bzw. sonst noch als Einkommen erzielen, mindert die Zahlungen der Ämter. Allerdings werden nicht ihre kompletten Einkünfte berücksichtigt. Sie können vielmehr bestimmte Freibeträge absetzen.

Dazu gehört auch der von ihnen gezahlte Mindesteigenbeitrag zur Riester-Rente. Weil sie also riestern, erhalten sie entsprechend mehr Arbeitslosengeld II. Und so kommt der Staat indirekt für ihren Riester-Eigenbeitrag auf.

Nach der Arbeitslosengeld-II-Verordnung sind dabei mindestens 5,­– € pro Monat abzusetzen. Bei höheren Eigenzahlungen der Betroffenen gilt: 3 % des Einkommens des Arbeitslosengeld-II-Beziehers sind maximal absetzbar. Der Prozentwert mindert sich jedoch um 1,5 Prozentpunkte je Zulage-berechtigtem Kind im Haushalt der Betroffenen. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind sind es damit nur noch maximal 1,5 % – und bei zwei und mehr Kindern bleiben als absetzbar nur 5,– € im Monat. Diese 5,– € pro Monat reichen allerdings bei niedrigem Einkommen meist, um die volle staatliche Förderung für einen Riester-Vertrag zu erhalten.

Minijob: Wenn schon, dann mit Rentenversicherungspflicht – und Amtshilfe

Viele Minijobber erhalten zusätzlich aufstockendes Arbeitslosengeld II bzw. den Kinderzuschlag der Arbeitsagentur. Sie leben also von Lohn plus öffentlicher Unterstützung. Wichtig zu wissen ist dabei: Minijobs sind im Grundsatz rentenversicherungspflichtig und bringen ein geringes Rentenplus. Doch die meisten Jobber wählen – was ja möglich ist – die Rentenversicherungspflicht ab und sparen dadurch bis zu 16,20 € im Monat.

Das ist nachvollziehbar, doch für Bezieher von Arbeitslosengeld II bzw. Kinderzuschlag eine Milchmädchen-Rechnung. Der ohnehin geringe Versicherungsbeitrag wird nämlich indirekt durch das Jobcenter finanziert. Denn wer 16,20 € als Rentenbeitrag zahlt, vermindert sein anrechenbares Einkommen genau um diesen Beitrag. Das bedeutet: Das Jobcenter zahlt dann monatlich 16,20 € mehr an Unterstützung. Verzichtet der Jobber dagegen auf die Rentenversicherungspflicht, so steigt das anrechenbare Einkommen um 16,20 €. Die Folge: Das Amt überweist ihm monatlich 16,20 € weniger. Die Abwahl der Rentenversicherungspflicht bringt für Arbeitslosengeld-II-Bezieher mit Minijob gar nichts. Das gilt ganz ähnlich auch für Bezieher des Kinderzuschlags.

Betriebsrente: Ansprüche erwerben – ohne dass es der Haushaltskasse schadet

Alle Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersvorsorge. Wenn der Arbeitgeber kein anderes Angebot zur Altersvorsorge macht, haben Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass der Betrieb für sie Teile ihres Bruttolohns in einer sogenannten Direktversicherung investiert. Der Arbeitgeber muss zudem von sich aus in der Regel auf den Sparbetrag der Arbeitnehmer einen Zuschuss von 15 % leisten. Doch hauptsächlich finanzieren die Betroffenen diese Art der Vorsorge selbst.

Aber auch Sozialversicherungen und Finanzamt tragen ihren Teil dazu bei. Denn auf den in Vorsorge umgewandelten Teil des Lohns fallen innerhalb bestimmter Grenzen zunächst keine Sozialversicherungsbeiträge und keine Steuern an. Dennoch machen gerade Niedrigverdiener hiervon meist keinen Gebrauch, weil sie schlicht auf jeden Cent angewiesen sind.

Wer zusätzlich zum niedrigen Arbeitsentgelt aufstockendes Arbeitslosengeld II oder den Kinderzuschlag erhält, bei dem übernimmt das Jobcenter oder die Familienkasse indirekt die Eigenbeiträge der Vorsorgesparer. Dies gilt allerdings nur innerhalb der 4 %-Grenze, die § 86 des Einkommensteuergesetzes vorgibt. Die Grenze der indirekten Förderung durch Jobcenter oder Familienkasse liegt beim sogenannten Mindesteigenbeitrag. Dieser beträgt 4 % der Summe der in dem dem Kalenderjahr vorangegangenen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen. Bei einem Jahresverdienst in Höhe von 15.000,– € brutto wären das 600,– € bzw. 50,– € im Monat.

Beispiel:

Eine alleinerziehende Mutter verdient monatlich brutto 1.250,– €, hiervon überweist der Arbeitgeber per Entgeltumwandlung 50,– € an einen Pensionsfonds. Er selbst schießt noch 7,50 € zu. Durch diesen Bruttolohnverzicht sinkt das Nettoeinkommen der Betroffenen von monatlich 1.001,94 € auf 961,30 €, also um etwa 40,– €. Da die Betroffene allerdings ohnehin zusätzlich Arbeitslosengeld II erhält, gleicht das Jobcenter das gesunkene Nettoeinkommen voll aus und zahlt ein entsprechend höheres Arbeitslosengeld II. Ganz ähnlich wird beim Kinderzuschlag verfahren.

Bundessozialgericht zu Hartz IV und betrieblicher Altersversorgung

Per Entgeltumwandlung finanzierte Beiträge von Hartz-IV-Beziehern sind vom Bruttoarbeitseinkommen der Betroffenen absetzbar, entschied das Bundessozialgericht bereits am 9.11.2010. Betroffene sollten dieses Urteil kennen, weil die Ämter Absetzbeträge für die betriebliche Altersvorsorge nicht unbedingt anerkennen.

Zur Begründung führten die Richter unter anderem an, dass die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gesenkt worden seien. Die Folgerung daraus: "Der Versorgungsbedarf der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik beruht daher auf drei Säulen, der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Eigenvorsorge. Durch diese drei Säulen gemeinsam soll eine Vollversorgung gewährleistet werden, die dem Arbeitnehmer ein Versorgungsniveau auf der Basis des während des aktiven Erwerbslebens erzielten Lebensstandards sichert. Die Betriebsrente ist mithin eine notwendige Ergänzung zur Sicherung der Existenz im Alter".

Deshalb sei – wenn auch nur auf einem Minimalniveau – erwerbstätigen Hartz-IV-Beziehern die Möglichkeit zuzugestehen, per Entgeltumwandlung Teile ihres Arbeitseinkommens durch einen entsprechenden Vertrag mit ihrem Arbeitgeber für die betriebliche Altersvorsorge zu verwenden. Schließlich seien ja auch Beiträge in eine Riesterversorgung vom Einkommen absetzbar. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, Beiträge in die betriebliche Altersversorgung, die per Entgeltumwandlung geleistet würden, "dem Grunde nach unterschiedlich zu behandeln". Allerdings könnten Hartz-IV-Beziehern nur angemessene Absetzbeträge zugestanden werden.

Das BSG hält dabei eine Anlehnung an die absetzbaren Beiträge im Bereich der Riesterförderung für gerechtfertigt und bezieht sich dabei auf den Mindesteigenbeitrag nach § 86 Einkommensteuergesetz. Dieser beläuft sich derzeit auf 4 %. Ein entsprechender Anteil des Bruttoeinkommens kann also für die betriebliche Altersvorsorge verwendet werden und mindert das anrechenbare Einkommen der Betroffenen (Az. B 4 AS 7/10 R).

(MS)

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