Wie lange darf ein Finanzgerichtsprozess dauern?

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Vor dem BFH ist eine weitere Klage wegen überlanger Dauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens im Sinne der Steuerzahler entschieden worden.

Dabei hat der X. Senat des BFH erstmals allgemeine Leitlinien dafür aufgestellt, nach denen beurteilt werden soll, ob ein finanzgerichtliches Verfahren zu lang dauert.

Der Anspruch auf eine zügige Erledigung des Rechtsstreits sei stets abzuwägen mit dem Anspruch auf eine möglichst weitgehende inhaltliche Richtigkeit und eine möglichst hohe Qualität gerichtlicher Entscheidungen, dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter, erklärte der BFH.

Dem Ausgangsgericht stehe ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens zu. Mit zunehmender Verfahrensdauer verdichte sich allerdings die Pflicht, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen.

Das gilt für einfache Fälle

Angesichts der im Vergleich zu anderen Gerichtsbarkeiten relativ homogenen Fallstruktur in der Finanzgerichtsbarkeit könnten für bestimmte Abschnitte des Verfahrens in zeitlicher Hinsicht Angemessenheitsvermutungen aufgestellt werden. Bei finanzgerichtlichen Klageverfahren, keine wesentlichen Besonderheiten aufweisen, spreche eine Vermutung für die Angemessenheit der Verfahrensdauer, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginne, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollten, und die damit begonnene aktive Phase des gerichtlichen Handelns nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen werde, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt.

Komplizierte Fälle dürfen länger dauern

Im konkreten Fall war ein Klageverfahren, mit dem ein höherer Kindergeldanspruch geltend gemacht worden war, insgesamt acht Jahre und neun Monate beim Finanzgericht anhängig gewesen. Es hatte sich jedoch um einen rechtlich schwierigen Fall gehandelt, der Sachverhaltsermittlungen im Ausland erfordert hatte. Dem Finanzgericht war daher ein überdurchschnittlich langer Zeitraum zur Bearbeitung des Verfahrens einzuräumen, erklärten die Richter des BFH.

Gleichwohl hat der BFH bei einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls eine Verzögerung um insgesamt 43 Monate angenommen, weil das Verfahren, auch wegen mehrfachen Wechsels des zuständigen Berichterstatters, immer wieder über längere Zeiträume unbearbeitet geblieben ist (BFH-Urteil vom 7.11.2013, X K 13/12 ).

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